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Alexander Dobraczynski,
Die Warschauer Abwasserkanäle. Ihre Rolle während des Warschauer Aufstandes von 1944

 

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Mit den Warschauer Abwasserkanälen machte ich noch im Herbst 1939 Bekanntschaft, als ich als Arbeiter der Kanalpumpstation in der Straße ul. Dobra Nr. 74 eingestellt wurde. Ich arbeitete dort bis zum Herbst 1940, und ich nahm diese Tätigkeit zum Erlangen „handfester Beweise“ an, ich war damals 20 Jahre und hatte zwei Jahre Studium an der Technischen Universität Warschau hinter mir.

Die Kanalpumpstation befand sich an der Einmündung der ul. Dobra in die ul. Karowa, auf dem Gelände der ursprünglichen Marconi-Filter, noch aus der Mitte des 19. JH, der den Wasserturm im Sächsischen Garten (Ogrod Saski) versorgte, von wo aus das Wasser zu den ersten städtischen Brunnen verteilt wurde. Später, während des Baues der Filter in den mittleren Teilen, des so genannten „Oberen Warschaus“, wurde das Gelände an der ul. Dobra in eine Abwasserzentrale des „Unteren Warschaus“, anderes genannt – Powisle – umgestaltet. Diese Station pumpte die Abwässer in den Sammler des „Oberen Warschaus“, von wo aus es in die Weichsel in Höhe des Wäldchens von Bielany abgeleitet wurde.

Die Arbeit in der mechanischen Werkstatt, welche meine Arbeitsstätte war, hatte mich überhaupt nicht interessiert, genau so wenig wie die Möglichkeit, die Funktionsweise und Kontrolle des Kanalnetzes der ganzen Stadt kennen zu lernen. Seinerzeit galt mein Hauptinteresse vor allem zwei gewaltigen Dieselmotoren der Produktion P. Z. Ing., die in der Station zum Antrieb der Kanalpumpen bei Ausfall des städtischen Stromnetzes aufgestellt waren.

Das war die „technische Jugendsünde“ eines Studenten, der mehr von den hochtrabenden Gebieten dieses Wissens angelockt wurde. Ein paar Jahre später habe ich das bitter bereut, dass ich so nahe an den dann erforderlichen Informationen über die Kanäle gewesen war, nun aber so wenig wusste….

Zur Verteidigung vor einer zu strengen Beurteilung meiner Interessen sei nur soviel gesagt, dass ich in die Abwasserkanäle gegangen bin und mir die Schilderungen der Kanalarbeiter anhörte, sowie eine Reihe von interessanten Informationen vom sehr erfahrenen Meister Wrede bekam. So erzählte er mir z. B., dass trotz der Beschädigung der Kanäle keine Beispiele für Ansteckungen bekannt waren, was eigentlich absurd erscheint. Ich überprüfte diese Anomalie an mir selbst während des Rückzuges aus Mokotow, indem ich viele Stunden lang mein verletztes Bein in den Abwässern nass machte.

Diese so unvollständigen Informationen waren mir jedoch in meinen „Kanalreisen während des Aufstandes“, die insgesamt 21 Stunden dauerten, von Nutzen…

In den Plänen des Polnischen Kommandos, das eine Aktion zur Beherrschung der Hauptstadt im Moment der Niederlage des deutschen Heeres an der Ostfront vorbereitete, fanden die Abwasserkanäle keine Beachtung.
Genauer gesagt, ihre aus der Vergangenheit bekannte Rolle, hauptsächlich bei der Verteidigung von Warschau im Jahre 1939, betraf ihre Nutzung für Ziele der Nachrichtenübermittlung, aber nicht als Transportweg für ganze Gruppen von Kämpfenden. Erst die sich in die Länge ziehenden Kämpfe in der Hauptstadt in Verbindung mit der Aufteilung polnischer Kräfte in einige nicht zusammenhängende Bereiche ergab die Möglichkeit der Ausnutzung der Kanäle nicht nur für Zwecke des Nachrichtenwesens sondern auch für die Verlegung ganzer Trupps und der Versorgung.

Die Nutzung der Kanäle trug generell dazu bei, dass der Kampf der Aufständischen überhaupt so eine lange Zeit durchgeführt werden konnte. Nach vorliegenden Informationen verfügte das Polnische Kommando zu Beginn des Aufstandes über keine aktuellen Pläne der Kanäle und ihrer lichten Durchmesser. Alles deutet darauf hin, dass auch die Deutschen sie nicht besaßen.

Die erste Nutzung der Kanäle für die Inbetriebnahme des Nachrichtenwesens zwischen Srodmiescie und Mokotow ist am 5. August festzustellen. Den Durchgang vollzogen zwei Nachrichtenmelderinnen des Bezirksmeldearchivs (Okregowa Skadnica Meldunkowa). Jedoch gelang es weder ihre Namen noch Pseudonyme festzustellen; wahrscheinlich kamen beide bei der Erkundung der unterirdischen Pfade ums Leben. Diese Tatsache war die Ursache der Suche nach Plänen des Kanalnetzes durch das Nachrichtenkommandos des Bezirks. Die ersten Suchaktionen brachten negative Resultate; es wurde Pläne aus dem Jahre 1912 in einem Artikel von William Lindley gefunden. Erst am 8. August lenkte Major „Lech“ (Kazimierz Larys) nach intensiven Bemühungen die weitere Suche auf die ul. Dobra 74, auf die Kanalpumpstation, dort wo ich im Jahre 1939/40 gearbeitet hatte.

Das Gebiet der Station befand sich unter deutschem Beschuss; es war von den in den Wohngebäuden zusammen mit den Familien lebenden: Ing. Stanislaw Wilczynski, Meister Wrede und dem Beamten Nowak verlassen worden. Dem Oberleutnant „Kulwec“ (Eugeniusz Przybysz) gelang es, in das verlassene Büro der Direktion vorzudringen und nach längerer Suche Kanalpläne von 1936 zu finden.

Die Suche nach Kanalplänen führte auch das Kommando der Nordbezirke
(Stare Miasto und Nowe Miasto) durch, wohin nach dem Rückzug aus Wola das Quartier von Bor Komorowski verlegt wurde.
 Die Pläne von 1936 erhielt man dank des Ingenieurs Wlodzimierz Skoraczewski, der sich in der Starowka (Stare Miasto) aufhielt und seit 1935 in der Abteilung Wasserleitungen und Kanalisation der Stadt Warschau arbeitete.

Die Verbindung der relativ nahe gelegenen Srodmiescie - Polnoc zeigte sich ziemlich kompliziert. Der Sammler „C“, der diese beiden Stadtteile verband, erwies sich in Höhe der Verbindung der ul. Miodowa mit der ul. Krakowskie Przedmiescie als verstopft. Eine Verbindung ermöglichte nur ein enger Zuflusskanal (mit einem Durchmesser von 100 cm), der von der ul. Danilowiczowska, über den Plac Teatralny, ul. Wierzbowa, Plac Pilsudskiego bis zur ul. Mazowiecka und Ecke Swietokrzyska verlief, wo sich der Einstiegsschacht befand. Die Fortbewegung in diesem Kanal erfolgte auf allen Vieren unter Verwendung eines quer gehaltenen Stockes mit einer Länge von ungefähr 60 cm, um sich beim Vorwärtsbewegen abzustützen. Die Verbindung von beiden Seiten aus wurde ca. am 10. August aufgenommen, und ungefähr am 15. August wurde ein Telefonkabel gelegt. Diese Lösung ermöglichte nur, sich zu verständigen, gestattete es aber nicht, eine größere Anzahl von Menschen, Waffen und Versorgungsgüter zu transportieren. Daran erinnert sich „Cichociemny“ Ingenieur Stanislaw Jankowski „Agaton“ in seinem Buch: „Mit falschem Ausweis im echten Warschau“(„Z falszywym ausweissem w prawdziewej Warszawie“.

Die Hauptverbindung zwischen der Starowka und Srodmiescie über den Sammler „C“ war überschwemmt, als Folge eines Staus im Verlauf der Kreuzung ul. Miodowa und Krakowskie Przedmiescie, wie schon erwähnt wurde. Inzwischen war das Problem der Evakuierung der Besatzung der Altstadt auf unterirdischem Wege dringend geworden, nach dem nicht gelungenen beidseitigen Angriff in der Nacht vom 22. zum 23. August auf den Danziger Bahnhof (Dworzec Gdanski), der auf die Verbindung der Starowka mit Zoliborz abzielte.

Das Problem der Reinigung des Sammlers „C“ löste der schon erwähnte Ingenieur Skoraczewski, der Arbeiter der Abteilung Wasserleitung und Kanalisation zusammenrief. Dank der Fachkenntnisse und Aufopferung des Meisters Waclaw Chmielecki gelang es letzterem, den Schieber zum Regenwasserkanal vom Sammler „C“ in Höhe des Hotels „Bristol“ anzuheben. Die aufgestauten Abwässer flossen die ul. Karowa ungefähr am 26. August bis zur Kanalpumpstation entlang, was den „Hauptstrang C“ frei gab. Dadurch konnten auf diesem Weg ab 26./27. August der größte Transport von über 5.000 Soldaten, Verwundeten und technischem Personal realisiert werden.
So wie die Aktion der Evakuierung von Starowka nach Srodmiescie von dramatischen Momenten begleitet war, so gab es diese auch beim Transport eines Teils der in Zoliborz Kämpfenden (ca. 900 Personen). Dieser Weg nach Norden durch den Sammler „C“ wurde noch am 8. August durchlässig gemacht aber wenig später von den Deutschen in Höhe der Unterführung unter den Gleisen bei der ul. Klopot (neben dem Danziger Bahnhof) blockiert. Das war dadurch verursacht, dass die Deutschen Bewegungen im Kanal gehört hatten. Die Umgehung dieses Hindernisses (ungefähr 10./11. August) führte durch den „Altstadt-Sammler E“, weiter durch die ul. Freta, Zakroczymska, unter den Eisenbahngleisen zu den Kanälen unter der Zitadelle, um weiter  unter der ul. Mieroslawskiego, dem Wilson-Platz und schließlich zum Einstiegschacht an der Kreuzung ul. Gdanska mit ul. Potocka zu verlaufen; dort erfolgte die Verbindung mit dem Sammler „A“. Leider war der Kanal unter der Zitadelle mit einem dicken Gitter verschlossen, welches  durchzusägen nicht gelang.

Man kehrte also zum dem Hindernis zurück, dass die Deutschen unter der ul. Klopot (ungefähr am 16. August) errichtet hatten, und das es dank dem unschätzbaren Meister Waclaw Chmielecki zu beseitigen gelang. Nach dem 27. August blockierten die Deutschen diesen Durchgang erneut, den Polen gelang es jedoch, ihn erneut am 31. August wieder zu öffnen. Dieser Durchgang ermöglichte einigen hundert in der Altstadt bis zu letzt kämpfenden Soldaten, sich nach Zoliborz zurückzuziehen, und das dauerte bis zum 2. September. Leider erlitten die letzten Verteidiger in den Kanälen Verluste, weil sie sich verirrten.

Die Tragweite dieser Erfolge verstanden die Deutschen, die bisher die Rolle der Kanäle nicht richtig zu bewerten wussten. Im September 1944 führten sie eine intensive Aktion bei den Einstiegsschächten durch und warfen dort Schienen, Stacheldraht, Karbid und Granaten hinein. In die Kanäle selbst sind sie jedoch nicht eingestiegen. Ich erinnere mich jedoch, dass nach dem Transport von Ozarow nach Fallingbostel (Lager XI B), ungefähr am 6.Oktober eine weitere Gruppe von Kriegsgefangenen aus Stadtmitte eintraf und die Deutschen über den Lautsprecher den Major Larys ausriefen, den sie dann in einem Auto aus dem Lager brachten. Wie immer wurden Mutmaßungen geäußert, unter anderem, dass er ein aus dem Oflag Geflohener sei usw. Jahre später
gab es eine Nachricht, dass Major Larys in „Ehren“ nach Berlin gebracht wurde, um Gespräche zu führen, die die Nachrichtenübermittlung der Heimatarmee (AK) betrafen, die die Deutschen als außerordentlich leistungsfähig ansahen. Bei Gelegenheit wurde in Erfahrung gebracht, dass die Deutschen im September 1944 die Kanäle auch dazu nutzten, um auf die polnische Seite Agenten (Volksdeutsche und Ukrainer) zum Erlangen von Informationen zu schicken.

Beim Wegebahnen durch die Kanäle besaßen relativ aktuelle Pläne eine Schlüsselrolle, zusammen mit technischen Hinweisen (z.B. die lichten Durchmesser), die wir dem Personal aller Leitungsebenen der Städtischen Dienste von Wasserleitungen und Kanalisation verdanken. Dabei darf der gewaltige Anteil von Frauen an dieser Aktion nicht vergessen werden. Er war zahlenmäßig sogar größer als der der Männer; sie bezahlten dafür häufig mit ihrem Leben. Oft waren sie sehr jung, fast noch Kinder, wendig und überaus mutig, stürzten sie sich in die Schlünde der Kanallabyrinthe, die mit einer stinkenden Masse oder einem dickem Brei von städtischem Unrat gefüllt waren, um den unterirdischen Weg zu ergründen.

Die Nutzung der Kanäle zur Nachrichtenübermittlung oder zum Rückzug beschränkt sich jedoch nicht auf oben Beschriebenes. Sie wurden sporadisch in den ersten Augusttagen in Ochota zur Flucht aus der Umzingelung kleinerer Einheiten aus diesem Stadtgebiet mit unterschiedlichen Erfolgen genutzt. Die Kanäle wurden dazu zwischen Czerniakow und Mokotow genutzt, wobei ein Teil dieser Wege Ende September zur Evakuierung von Mokotow nach Srodmiescie diente. Zu der größten Truppenverlegung von mehr als 5.000 Menschen zählt die Evakuierung von Starowka nach Srodmiescie - Ende August/September und von ungefähr 1.000 Soldaten nach Zoliborz zur gleichen Zeit. Der Rückzug eines Teils der Besatzung von Mokotow Ende September auf Umwegen über die Trasse nach Srodmiescie hat eine lange und dramatische Geschichte.
Er führte unter Lazienki, ul. Czernikowska nach dem Heber in Höhe der ul. Rozbrat, was die Verbindung mit dem Sammler „C“ und dem Ausgang bei der Kreuzung von der Al. Ujazdowskie mit der ul. Wilcza gestattete. Die Anzahl der sich auf diesem Wege Zurückziehenden ist schwer festzustellen, vermutlich überschritt sie die Zahl von 1.500 Personen nicht.

Der aufmerksame Leser wird bemerken, dass die Nutzung des Sammlers „A“ bisher nicht erwähnt wurde; und das deshalb, weil er an vielen Stellen zugeschüttet und voller verwesender Leichen der leidgeprüften Bewohner des Ghettos war, die sich auf diesem Wege im Jahre 1943 zu retten versuchten.

Das Fehlen von Gründen für die Nichtnutzung von Sammler „B“ ist mir unbekannt.
Dass so viele von uns lebend die Stürme des Warschauer Aufstandes überstanden haben und dass der Kampf so lange dauerte, ist dem zu verdanken, dass unter unserer Hauptstadt ein Netz von Kanälen mit Durchmessern bestand, das es dem Aufsichtspersonal gestattete, zur Kontrolle ihrer richtigen Funktion dort umherzugehen.
Es hätte aber auch anders kommen können, wenn in der Mitte des 19. JH nicht
die Entscheidung hinsichtlich der Auswahl eines Systems der Fäkalienentsorgung von Warschau gefallen wäre. Zur damaligen Zeit rivalisierten zwei unterschiedliche Methoden zur Beseitigung des städtischen Unrates miteinander.

Die erste so genannte „Methode des Abtransportes“ beruhte auf der Ableitung der Abwässer auf periphere städtische Felder mittels Abwasserrohren, wo sie vermischt mit Erde, diese für die Düngung von Gemüsegärten, Obstplantagen und Feldern fruchtbar machen sollten. Die dichtesten Aufschwemmungen und Verunreinigungen sollten in individuelle Sammelbecken gelenkt werden, um sie dann periodisch außerhalb der Stadt zu vergraben.

Die zweite, bedeutend kostspieligere Methode beruht auf der Schaffung eines ganzen Netzes von Kanälen unter den Straßen der Stadt, die das Regenwasser, die Abwässer aus den einzelnen Gründstücken zusammen mit den menschlichen Verunreinigungen nach dem Durchfließen von Klärbecken in ihrer Gesamtheit in einen Fluss weit außerhalb der Stadt leiten. Diese Methode erforderte Kanäle mit einem solchen Durchmesser, der es Kanalarbeitern gestattete, sich in ihnen zu bewegen.

Die Gefahr von Feuersbrünsten auf der einen und Epidemien auf Grund von fehlender Hygiene auf der anderen Seite bewirkte, dass seit Beginn des 19. JH in ganz Europa damit begonnen wurde, fieberhaft daran zu arbeitet, diesen beiden Plagen entgegenzuwirken.

Die grundlegende Lösung war die Zuführung von Wasser an die verschiedenen Punkte der größeren Städte (d.h. Wasserleitungen), sowie das Abführen der Abwässer und Abfälle aus den Häusern und Straßen. Es gab dazu viele Ideen, es dominierten aber die zwei oben beschriebenen Methoden. Alles war von den Wasserquellen abhängig, ob dieses nun ein Fluss, Kanal oder Brunnen war. Warschau hat einen sandigen Untergrund mit einer geformten Geländeerhöhung am linken Weichselufer, auf die von beiden Seiten zahlreiche Bäche einströmen. Die Wasserzuführung bereitet damit keine Schwierigkeiten. Das größere Problem stellt dagegen der Niveauunterschied zwischen der „oberen“ und „unteren“ Stadt dar.

Hauptinitiator des Baus von Wasserleitungen und Kanalisationen war General Sokrates Starynkiewicz, ein Russe (1820 – 1902), der die Funktion des Präsidenten von Warschau (1875 – 1892) ausübte. In Anerkennung seiner Verdienste für Warschau hat er sein Denkmal und Platz mit seinem Namen in Warschau erhalten. Die Verdienste von Starynkiewicz waren gewaltig. Nur Wenige wissen, dass er mit den Gegnern des Projektes sowohl in Petersburg als auch in Warschau zu kämpfen hatte. Diese Opposition sprach sich für die Annahme des Systems der „abtransportierenden Kanalisation“ aus (Jan Gottlieb Bloch, Hofrat im Range eines Generals, familiär verbunden mit den von Kronenbergs, Fürst Jan Lubomir und andere).

Starynkiewicz, der mit Henryk Marconi zusammenarbeitete, überzeugte die städtischen Behörden und Petersburg, das für Warschau das „allgemein abtransportierende System“ am vernünftigsten sein wird, das auf einem Netz von Abwasserkanälen mit großen Durchmessern beruht. Das Projekt war nicht am kostengünstigsten, gestattete aber den weiteren Ausbau der Stadt ohne räumliche Einschränkungen. Darüber hinaus knüpfte Starynkiewicz auch durch Vermittlung von Marconi Kontakt zu dem seinerzeit größten Spezialisten auf dem Gebiet - Wasserleitungen und Kanalisationen - dem englischen Ingenieur William Lindley mit europaweitem Ansehen und riesiger Erfahrung an.

In der Zwischenzeit löste Starynkiewicz die finanziellen Angelegenheiten und stimmte die Annahme der Konzeption Lindleys ab. Es wäre eine große Ungerechtigkeit, den Anteil der polnischen Ingenieure an diesem Vorhaben zu verschweigen. Außer William Lindley und seinem Sohn William Heerlein müssen besonders erwähnt werden: A. Grotowski, J. Slowikowski, E. Sokal, W. Preys, T. Krzyzanowski und viele andere. Die Arbeiten begannen in der achten Dekade des 19 JH. Dass die Konzeption von Lindley angenommen wurde, spielte 65 Jahre später eine so große Rolle in unserem Kampf gegen den deutschen Okkupanten.

Zum Schluss geben wir zu einer besseren Vorstellung der Ausdehnung und Lage des Kanalisationsnetzes von Warschau eine kurze Übersicht desselben an. Die Hauptkanäle, bezeichnet als Sammler, wurden in den Jahren 1882 – 1886 gebaut und wurden mit den Großbuchstaben des Alphabetes gekennzeichnet – A, B, C usw. Der Sammler „A“ führte von den derzeitigen Filtern ul. Towarowa, Okopowa und Mlocinska bis zu der peripheren Eisenbahnlinie beim Danziger Bahnhof (Dworzec Gdanski), wo er sich mit dem Sammler von Bielany vereinigte. Auf diesem Wege wurden die Abwässer zur Weichsel in Höhe des Wäldchens von Bielany geleitet. Die Länge betrug fast 5 Km und der Durchmesser 0,8 x 1,2 m. Der Sammler „B“ zog sich von der ul. Mokotowska über die ul. Marszalkowska, den Sächsischen Garten (Ogrod Saski), ul. Zabia, den Bankplatz, unter den Straßen: Rymarska, Przejazd, Nowolipki, Dzika und Blonska bis zur Verbindung mit dem Sammler „A“ in der Nähe der peripheren Eisenbahnlinie hin. Die Länge betrug ca. 5 km bei Durchmessern von 0,9 – 1,35 m bis 1,0 – 1,5 m. Der Sammler „C“ (gebaut zwischen 1886 und 1890) verlief von der ul. Pulawska  - Ecke Madalinskiego , unter der Al. Szucha, Al. Ujazdowskie, Nowy Swiat, Krakowskie Przedmiescie, ul. Miodowa, Pl. Krasinskich, ul. Nowiniarska, Bonifraterska bis zur ul. Klopot, wo er sich mit dem Sammler „A” auf der anderen Seite der Gleise vereinigte. Die Länge betrug über 8 km bei Durchmessern von 0,9 – 1,35 m bis 1,4 – 1,9 m. Dieser Kanal gewann während des Warschauer Aufstandes eine dominierende Rolle. Darüber hinaus führte der Altstadt-Sammler „E“ vom Pl. Zamkowy in der Nähe des Sammlers „C“ bei der ul. Miodowa unter den Straßen: Kanonia, Jezuicka, Freta und Zakroczymska anschließend unter der Cydadela und der Chaussee Mlocinska entlang und vereinigte sich mit dem „Bielanski“- Sammler. Der letztere war die Bezeichnung der Verbindung des Sammlers “A“ mit „C“. Er zog sich durch Zoliborz, das Bielanski-Wäldchen hin, wo er als Äquädukt an die Oberfläche beim Bach am Wasserfall kam. Die Länge dieses Sektors betrug weniger als 5 km bei „eiförmigen“ Durchmessern von 1,6 bzw. 2,1 m.
In Powisle führte die Hauptverteilungsleitung des Sammlers parallel zur Weichsel von zwei Seiten zu den Kanalpumpstationen (Ecke ul. Dobra und Karowa). Die Sammler hatten die Bezeichnung „D“ und „D1“. Von diesen Hauptsammlern zweigten so genannte „Unwetterkanäle“ ab, die den Überschuss an Abwässern im Falle großer Niederschläge direkt in die Weichsel leiteten.
Zu den Hauptsammlern wurden Straßensammelkanäle geführt, in die die Abwässer aus den einzelnen Grundstücken und Straßengullys geführt wurden. Sie hatten unterschiedliche   Durchmesser und waren nicht zum Durchlaufen geeignet.

 

Empfohlene Literatur:

  1. Ryszard Zelichowski,  Lidleyowie – Dzieje inzynierskiego rodu, Warszawa 2002
    (Ryszard Zelichowski, Die Lindley’s – Die Geschichte eines Ingenieursgeschlechts,     Warschau 2002)
  1. Kazimierz Malinowski, Zolnierze Lacznosci Walczacej Warszawy, Warszawa 1983
    (Kazimierz Malinowski, Die Soldaten des Nachrichtenwesens des kämpfenden  Warschaus, Warschau 1983)
  1. Stanislaw Jankowski, „Agaton“, Z falszywym „ausweisem“ w prawdziwej Warszawie    1939 – 1946
    (Stanislaw Jankowski, „Agaton“, Mit falschem „Ausweis” im echten Warschau 1939 –   1946)
  1. Wlodzimierz Pessel, Anthropologia nieczystosci. Studia z kultury sanitarnej Warszawy, Warszawa 2010 (Wlodzimierz Pessel, Anthropologie des Unrats. Studien zur Hygienekultur Warschaus, Warschau 2010)

 

 

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