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Die Veröffentlichung dieses Artikels wurde durch
die Großzügigkeit der Stiftung de Brzezie Lanckoronski ermöglicht.
Im Jahre 1944 betrat die Rote Armee bei der Verfolgung der Deutschen das Territorium des Polnischen Staates. Die sowjetischen Machthaber erkannten die rechtmäßige Regierung Polens nicht an und entwaffneten die ihnen unterstellten Einheiten der Heimatarmee (AK). In Anbetracht dieser Lage kehrte die polnische Regierung zur Konzeption eines Aufstandes in der Hauptstadt des Landes- Warschau zurück. Der Oberbefehlshaber der AK, General Tadeusz Komorowski, (Pseudonym „Bor") erklärte hierzu später: „Überall in der Welt kämpfend konnten wir auf eigenem Boden nicht untätig bleiben (...) Ein Volk, das in Freiheit leben möchte, darf in Augenblicken, in denen sich sein Schicksal entscheidet, nicht passiv bleiben".
Am 26. Juli 1944 bevollmächtigte die Polnische Regierung (im Londoner Exil) General T. Komorowski und den Sonderbeauftragten der Regierung für Polen J.S. Jankowski bewaffnete Handlungen zur Befreiung Warschaus zu beginnen. Zum Warschauer Aufstand riefen selbst auch sowjetische Sender auf! Infolge der Situation gab General „Bor"-Komorowski, auf der Grundlage der Information über das Herannahen der sowjetischen Streitkräfte, an die Stadt am 31. Juli 1944 den Befehl zum Aufstand. Infolgedessen erließ der Kommandant des Warschauer Bezirkes der AK, Oberst A. Chrusciel (Pseudonym „Monter"), einen Befehl, der den Beginn des Aufstandes auf 17.00 Uhr am 1.August 1944 festlegte.
Die Gefechtsstärke des Warschauer Bezirkes der AK betrug ca.50.000 Soldaten, von denen 23.000 zum Kampf ausrücken konnten. Zu ihrer militärischen Ausrüstung gehörten am 1. August: 1000 Karabiner, 300 Maschinenpistolen, 60 leichte Maschinengewehre, 7 schwere Maschinengewehre, 35 Panzerbüchsen und PIAT’s (Panzergranatwerfer), 1.700 Pistolen und 25.000 Granaten. Aus Abwürfen oder als Beute kamen im Verlauf des Aufstandes Waffen hinzu (u.a. einige Panzerwagen), in eigenen Werkstätten fertigten die Aufständischen: 300 Maschinenpistolen, 150 Flammenwerfer, 40.000 Granaten, eine gewisse Anzahl Mörser und Granatwerfer und selbst ein Panzerfahrzeug!
Im Verlauf der Kämpfe gegen die Deutschen beteiligten sich auch die Abteilungen kleinerer polnischer Formationen an den Kampfhandlungen, wie die Volksarmee /Armia Ludowa/, die Polnische Volksarmee /Polska Armia Ludowa/, die Sicherheitskorps /Korpus Bezpieczenstwa/ und die Nationalen Streitkräfte /Narodowe Sily Zbrojne/(insgesamt 1.700 Personen).
Die Gefechtsstärke der Deutschen am linken Weichselufer Warschaus betrug anfangs um die 15.000 -16.000 Mann, darunter die Garnison mit 10.000 -11.000 eingerechnet (Befehlshaber General Stahel ). Am ersten Tag des Aufstandes besetzten die Polen beträchtliche Teile des linken Weichselufers Warschaus. Doch die Versuche, die Brücken einzunehmen, schlugen fehl. Die Kämpfe am rechten Weichselufer der Stadt erloschen am 2. August. Die größte territoriale Ausdehnung erreichte der Aufstand am 5. August 1944.
Die Deutschen begannen mit Warschau abzurechnen. Ihr großer Nachschub erreichte Warschau schon am 3.und 4. August (einige Tausend SS-Männer und Polizisten). Der Reichsführer der SS Himmler erließ folgenden Befehl: „Jeder Einwohner soll getötet, niemand darf gefangengenommen werden. Warschau soll dem Erdboden gleichgemacht werden, und damit soll ein abschreckendes Beispiel für ganz Europa geschaffen werden".
Ein wesentliches Ziel der Deutschen war es, Routen auf der West-Ost-Achse in Richtung der Weichselbrücken zu schaffen, um später als erstes die Bezirke der Aufständischen zu zerstören, die an den Fluß grenzten. Am 5. und 6. August erfolgte ein deutscher Vorstoß aus Richtung Wola in Richtung der Kierbedz-Brücke, der die bisher von den Kräften der AK kontrollierten Gebiete teilte. In den besetzten Gebieten, vor allem aber in Wola, begingen die deutschen Verbände Massenverbrechen an der Zivilbevölkerung (ca. 25.000 -30.000 Erschießungen). Es zeichnete sich jetzt eine Dreiteilung der von den Aufständischen kontrollierten Gebiete ab:
- der nördliche Teil mit den Friedhöfen, dem ehemaligen Ghetto, der Altstadt, Zoliborz und den Wäldern nördlich der Stadt;
- die Region Srodmiescie (Stadtmitte), mit Powisle und Czerniakow;
- die südliche Region – Mokotow mit Sadyba, sowie die AK-Einheiten in den Wäldern südlich von Warschau.
Von den ersten Tagen des Aufstandes an wurde in der Stadt der Ersatz für ein normales Leben geschaffen – es entstand ein Verteilungssystem von Lebensmitteln, auch eine Pfadfinderpost wurde in Betrieb genommen. Am 8.August ging der erste aufständische Radiosender „Blyskawica" (Blitz) auf Sendung.
Die Deutschen verstärkten sukzessiv ihre militärische Präsenz in Warschau. Die Niederschlagung des Aufstandes leitete der SS- und Polizeigeneral Erich von dem Bach-Zalewski. Bis zum 20. August wuchsen seine Truppen auf ungefähr 25.000 Soldaten an.
Zeitweilig waren an den Kämpfen die Einheiten dreier Panzerdivisionen beteiligt (25. Panzerdivision, 19. Panzerdivision und die Division „Hermann Goering"). Neben Bombenflugzeugen setzten die Deutschen zahlreiche Truppenteile von Pionieren, fernlenkbare Ladungsträger vom Typ „Goliath" und Sprengpanzer zur Zerstörung von Befestigungen, Raketenwerfer, sowie schwerste Artillerie (mit dem Geschütz „Karl" und einem Kaliber von 600 mm!) ein.
Am 11. August fiel die letzte Verteidigungsstellung der Aufständischen im Stadtteil Ochota, und us dem Stadtteil Wola wurden die Streitkräfte der AK verdrängt. Am 19. August gingen die Deutschen zu einen Generalangriff auf die Altstadt über. Zwei Versuche der AK (in offenem Gelände) eine Bresche in die Absperrungen der Deutschen zu schlagen, welche die Altstadt von dem Stadtteil Zoliborz trennte, schlugen fehl (20.-22. August; 400 Gefallene und Verwundete). Wesentlich erfolgreicher kämpften die Einheiten der Aufständischen in bebautem Gelände, das in gewisser Weise die militärische Übermacht der deutschen Bewaffnung ausglich.
Die Eroberung der deutschen Bastion im Gebäude des Fernsprechamtes (Polnische Telephon-Aktiengesellschaft /PAST/) in der Zielna-Straße am 20. August und die Einnahme des Polizeikommandantur in der Straße Krakowskie Przedmiescie, sowie der Fernmeldestation in der Straße Pius XI am 23. August, zählen zu den größten Erfolgen der Aufständischen in der letzten Dekade des Monats August.
Bereits im August benutzten die Aufständischen in großem Ausmaß das System der Kanalisation unterhalb der vom Feind kontrollierten Gebiete für die Kommunikation. Dadurch konnte ein Großteil der Verteidiger der Altstadt (bis zum 2. September) über die Kanalisation in die Stadtteile Srodmiescie (4.500) und Zoliborz (800 Personen) entkommen.
Die Versorgungsabwürfe durch die Flugzeuge der RAF (insgesamt 116 Flüge) und durch die Polnischen Luftstreitkräfte (97 Flüge), mit denen in der Nacht vom 4./5. August 1944 begonnen wurde, waren eine große Hilfe für die Aufständischen. Die Verluste bei diesen Missionen waren sehr hoch (die RAF verlor 19 Maschinen, die Polen 15). Die Pläne von pendelnden amerikanischen „Fliegende Festungen" die nach den Aktionen auf sowjetischen Stützpunkten landen sollten, wurden durch die sowjetische Seite torpediert.
Bis zum 10. September 1944 blieb die sowjetische Armee, obwohl nur wenige Kilometer von Warschau entfernt, vollkommen passiv und erlaubte es den deutschen Bombern ungestraft, die Stadt zu zerstören. In der sowjetischen Propaganda wurde der Aufstand als „Krawall" bezeichnet, der die Operationen der Roten Armee erschwere!
In den Tagen 3. bis 6. September verdrängten die Deutschen die Aufständischen aus Powisle, und am 12. September begannen die Kämpfe in Czerniakow. Erst am 10. September schritten die Russen in die Kampfhandlungen gegen die Deutschen in der Region Warschau ein. Es erfolgten Versorgungsabwürfe, und sowjetische Jagdflugzeuge begannen, die deutschen Bomber über Warschau zu vertreiben. Dies bewog den Führungsstab der AK, die begonnenen Gespräche über die Kapitulation abzubrechen. Unter diesen Umständen verlängerte die nur beschränkte Hilfe der Sowjets die Kämpfe, welche sowohl die Deutschen als auch die Polen ausbluten ließen. In den Tagen vom 13. bis 15. September wurden die deutschen Kräfte durch die sowjetische Armee, und die Einheiten des I. Korps der Polnischen Armee, die den polnischen Kommunisten untergeordnet waren, aus der Stadthälfte rechts der Weichsel vertrieben. Am 18. September wurden von 107 amerikanischen „Fliegenden Festungen" Abwürfe getätigt, nachdem zuvor lange auf sowjetisches Einverständnis gewartet werden mußte. Diese Maschinen landeten nach der Operation in der Ukraine: In den Tagen vom 16.-19. September landeten die Einheiten des I. Korps der Polnischen Armee an mehreren Punkten des linken Weichselufers von Warschau (in den Abschnitten Czerniakow, Powisle, Zoliborz). Da jedoch die Russen diese Einheiten nicht genügend unterstützten, wurden sie vernichtet. Die letzten Gruppen der Aufständischen der AK und der Soldaten des I. Korps der polnischen Armee kämpften in Czerniakow bis zum 23. September. (Ein Teil der Verteidiger entkam über die Kanalisation, oder rettete sich auf das andere Weichselufer). Am 24. September begannen die Deutschen, nachdem sie Sadyba und Sielce eingenommen hatten, den Aufstand in der südlichen Stadthälfte – im oberen Mokotow - niederzuschlagen. Am 26. September wurde dort die Evakuation über die Kanalisation angeordnet. Einen Tag später kapitulierten die letzten Verteidiger. Am 29. September begann ein heftiger deutscher Angriff auf den Stadtteil Zoliborz (hauptsächlich mit Kräften der 19. Panzerdivision). Am 30.September kapitulierte Zoliborz.
Die zweimonatigen Kämpfe um Warschau waren eine regelrechte Hölle für die Warschauer Bevölkerung, vor allem für die Hunderttausende von Zivilisten, die sich in den Kellern versteckt hielten. Zehntausende Tote und Verwundete, Krankheiten, Wassermangel und Hunger – das war die Realität der letzten Wochen im aufständischen Warschau. Am 1. Oktober 1944 ernannte der Oberbefehlshaber der AK und – vom 30. September an – Oberbefehlshaber der Polnischen Streitkräfte General Tadeusz Komorowski „Bor", in Anbetracht der unvermeidlichen Kapitulation, General Leopold Okulicki, Pseudonym: „Niedzwiadek" als seinen Nachfolger für konspirative Aufgaben.
In der Nacht vom 2./3. Oktober wurde in Ozarow bei Warschau ein Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen in Warschau unterzeichnet. Über 15.000 Aufständische – mit General Bor-Komorowski an der Spitze – kamen in Gefangenschaft. Während der Kämpfe fielen 18.000Aufständische, 6.000 wurden schwer verwundet. Auch über 150.000 Zivilisten starben. Die deutschen Verluste beliefen sich auf etwa 10.000 Tote und Verwundete. Nach der Kapitulation des Aufstandes begannen die Deutschen mit der systematischen Zerstörung der Bebauung, welche die Kämpfe überdauert hatte (Bis Januar 1945 wurden 70 Prozent der Stadt zerstört).
Mit der Untergrabung der alliierten Hilfe für Warschau zeigte Stalin der Welt das Wesen seiner Politik gegenüber Polen. Gleichzeitig bewies die 63-tägige Schlacht um Warschau – trotz einer militärischen Niederlage – die Kampfbereitschaft der Polen und ihr Bestreben nach einer souveränen staatlichen Existenz. Dieses Motiv wurde im Aufruf des Rates der Nationalen Einheit (RJN) und des Ministerrats des Landes an das polnische Volk vom 3. Oktober 1944 betont: „Der Warschauer Aufstand stellte in der Endphase des Krieges der Welt zum wiederholten Male die Polnische Frage, nicht als das Problem einer Auktion in diplomatischen Hinterzimmern dar, sondern vielmehr als das Problem eines großen Volkes, das blutig und kompromißlos sowohl um Freiheit, Einheit und gesellschaftliche Gerechtigkeit im Leben der Menschen und Nationen, als auch um die ehrbaren Prinzipien der Atlantischen Karta kämpft, also um all’ dieses, wofür sich heute der bessere Teil der Welt einsetzt."
Dr. Tadeusz Kondracki, PAN Warschau
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