PDF
RTF
Die
Veröffentlichung dieses Artikels wurde durch
die
Großzügigkeit der Stiftung de Brzezie Lanckoronski ermöglicht.
Die umfassende Beteiligung von Frauen in
der Heimatarmee war die Konsequenz sowohl aus der Tradition
(Teilnahme an den nationalen Aufständen des
19. Jahrhunderts und an den Kämpfen um
die Unabhängigkeit im 1.Weltkrieg) als auch aus der Erziehung in
den Jahren der Zweiten Republik besonders durch Elternhaus und
Pfadfinderorganisation. Die langjährigen Bemühungen der Frauen
um eine formal-rechtliche Regulierung ihres Rechtes auf
Teilnahme an der Verteidigung des Landes fruchteten im Beschluß
des Sejms der Republik Polen (vom April 1938 über die Allgemeine
Wehrpflicht), der den Frauen das Recht auf einen militärischen
Hilfsdienst u. a. in den Bereichen der Luftabwehr, Wachdienst
und Nachrichtenwesen „als auch andere, die zum Ziel der
Verteidigung notwendig sind" zuerkannte. Als Konsequenz daraus
wurden seit Beginn der zwanziger Jahre funktionierenden
weiblichen Strukturen die endgültige Gestalt verliehen, die 1939
die Bezeichnung Organisation der Vormilitärischen Ausbildung der
Frauen (OPWK) annahmen An der Spitze der OPWK stand Maria
Wittek.
Sie war es auch, die (als „Mira") an der
Spitze des seit Oktober 1939 bei der Abteilung I der
Hauptkommandantur des Dienstes zum Sieg Polens organisierten
Hilfsdienstes für Frauen stand. Es muß hier unterstrichen
werden, daß der tatsächliche Zustand des Engagements der Frauen
in der Unabhängigkeitsbewegung (sowohl in den Streitkräften im
Lande als auch in der Fremde) der formal-juristischen
Gesetzeslage vorauseilte. Bereits zu Beginn des Jahres 1940
stellte der Kommandeur der Deutschen Okkupation des Bundes des
Bewaffneten Kampfes (ZWZ) Oberst Stefan Rowiecki fest, daß die
Frauen im Lande einen identischen Militärdienst wie die Männer
leisten. Im Ergebnis dessen ordnete er die Verwendung der
Bezeichnung - Wehrdienst der Frauen - an.
Im Befehl vom Oktober 1941 schrieb der
Kommandeur der Streitkräfte im Lande, daß „die Frauen, die in
der Zeit der Konspiration im aktiven Wehrdienst stehen, Soldaten
sind, die ihr Gesicht dem Feind zeigen". Im Februar 1942 wurde
in Polen der Dienst der Frauen offiziell in den Status des
Wehrdienstes für Frauen erhoben, im April dieses Jahres wurde
darüber hinaus im vorbereiteten Plan zum Wiederaufbau
Streitkräfte ein „allseitiger militärischer Einsatz der Frauen"
empfohlen. Im Februar 1943 schickte der Befehlshaber der
Heimatarmee mit dem Ziel einer endgültigen juristischen Reglung
dieser Angelegenheit die Abgesandte Elzbieta Zawadzka zu der
Regierung der Republik Polen im Ausland. Im Ergebnis ihrer
Mission (die zeitlich mit den Legislaturarbeiten der Regierung
der Republik Polen und des Stabes des Oberbefehlshabers
einherging) erkannte der Präsident der Republik Polen in der
Verordnung vom 27. Oktober 1943 an, daß „die Frauen-Soldaten
dieselben Rechte und Pflichten wie die Männer-Soldaten haben",
was den bestehenden Zustand faktisch insbesondere in der
Heimatarmee festschrieb und Möglichkeiten zur rechtlichen
Reglung verschiedener Fragen, darunter der militärischen
Dienstgrade eröffnete. Die Verleihung der militärischen
Dienstgrade an Frauen der Heimatarmee erfolgte am 23. September
1944 in der Zeit des Warschauer Aufstandes, dadurch gelangte
dieser Befehl nicht an alle Gebiets- und Kreiskommandanturen der
Heimatarmee, bevor diese aufgelöste wurde.
Die oben dargestellten Bemühungen um die
Anerkennung des Dienstes der Frauen nicht als Hilfs- sondern als
Militärdienst waren insofern wesentlich, als daß die Frauen ca.
10% des Personenbestandes der Heimatarmee ausmachten. Es wäre
dabei schwierig gewesen, solche Strukturen zu finden, in denen
es keine Frauen gegeben hätte. Ohne sie wäre das tägliche
effektive Funktionieren der Streitkräfte im Lande während der
Periode der Konspiration nicht möglich gewesen. Aktive Frauen
gab es bereits in der ersten Phase des Bestehens der Heimatarmee
im Dienst für den Sieg Polens (SZP). Von Beginn an organisierten
sie den Dienst des Nachrichtenwesens, der sich auf
Meldegängerinnen und Kurierinnen stützte. Dieses
Nachrichtenwesen erhielt mit der Zeit den Namen Konspiratives
Nachrichtenwesen und bildete in den Stäben die Abteilungen V bis
K. An der Spitze des V-K der Hauptkommandantur des Dienstes für
den Sieg Polens (SZP) des Bundes des Bewaffneten Kampfes (ZWZ)
der Heimatarmee stand seit 1939 bis zur Niederschlagung des
Aufstandes Janina Karas „Bronka". Ihr unterstand die Abteilung
des ausländischen Nachrichtenwesens, an dessen Spitze während
des gesamten Zeitraumes des Bestehens der Heimatarmee Emilia
Malessa „Marysia" stand. Die Kontakte mit den Gebiets- und
Kreiskommandanturen im Lande wurden von zwei Spezialeinheiten
gewährleistet, die ebenfalls von Frauen geführt wurden. An der
Spitze der Hauptkanzlei der Hauptkommandantur der Heimatarmee
stand Janina Bredel „Marianka". Das innere Verbindungsnetz in
der Hauptkommandantur der Heimatarmee stützte sich auf die
Sekretariate der Gruppen und Abteilungen, die mit Frauen besetzt
waren. „Täglich 14 bis 17 Treffen an verschiedenen Orten der
Stadt zwischen 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr und immer beladen mit
Untergrundzeitungen und Gefängnisdossiers, eine Menge Dinge zu
merken und zu erledigen, eine ständig erhöhte Wachsamkeit" -
erinnerte sich nach Jahren eine der Meldegängerinnen.
Gleichermaßen lief es in den regionalen Strukturen ab.
Es wäre ein großer Fehler, wollte man den
Einsatz der Frauen nur auf den konspirativen Nachrichtendienst
(der von ihnen dominiert wurde) reduzieren. Auch bei der
Verbreitung von Druckerzeugnissen und Veröffentlichungen der
Heimatarmee hatten sie einen bedeutenden Anteil. An der Spitze
des Zentralvertriebes der Hauptkommandantur der Heimatarmee
stand seit 1941 Wanda Kraszewska-Ancerewicz „Lena", die über ein
effektives Team von Austrägerinnen verfügte. Die Abteilung DYSK
– Diversion und Sabotage der Frauen wurde von Frauen organisiert
und von Wanda Gert „Kazik" angeführt. Frauen bildeten auch
weibliche Minenleger-Patrouillen, die unter anderem an der
Aktion „Kranz" (Wieniec") teilnahmen, also dem Sprengen von
Eisenbahngleisen um Warschau. Im Gelände war besonders für die
Partisanenabteilungen das Engagement von Frauen im
Sanitätsdienst wichtig, die die Gruppen versorgten und (in
Dörfern) Sanitätspunkte für Verwundete – und während der Aktion
„Sturm" auch Feldlazarette organisierten. Die Aktionen des
militärischen Dienstes der Frauen waren im Gelände auf die
Logistikunterstützung der Partisanenabteilungen ausgerichtet,
was durch sie ein Überleben unter den schwierigen Herbst- und
Winterbedingungen ermöglichte (Nähen warmer Kleidung, Schals,
Strümpfe). Die Frauen unterstrichen ihren Einsatz auch während
des Warschauer Aufstandes besonders als Sanitäterinnen und
Meldegängerinnen.
In einer speziellen Kompanie des
Nachrichtenwesens in der Kanalisation stellten die Frauen über
60% der Belegschaft dar. Nach der Niederschlagung des Warschauer
Aufstandes gingen nach Kriegsgefangenenrecht (über 2.000)
Frauen-Soldaten in deutsche Gefangenschaft, was in Europa ein
Ereignis darstellte. Frauen im Offiziersrang wurden im
Offizierslager Molsdorf zusammengezogen, mit niedrigeren
Rangstufen jedoch u. a. im Stalag VI C in Oberlangen.
Die Verluste unter den Frauen-Soldaten der
Heimatarmee werden auf fast 5.000 geschätzt, also fast 10% der
in der Heimatarmee aktiven.
Frauen-Soldaten wurden mit Orden
ausgezeichnet. So erhielten die Frauen z. B. im Gebiet III
(Lwow) 20% der verliehenen Tapferkeitsmedaillen, 40% des
Silbernen Verdienstkreuzes mit Schwertern und 50% des Bronzenen
Verdienstkreuzes mit Schwertern. In Ausnahmefällen wurden sie
mit dem Orden Virtuti Militari V. Klasse geehrt.
Nach der Auflösung der Heimatarmee
übernahmen die Frauen weitere Aktivitäten für die Unabhängigkeit
in den Reihen der Delegatur der Streitkräfte und später in der
Vereinigung Freiheit und Unabhängigkeit (Zrzeszenia Wolnosc i
Niezawislosc). Ebenso wie die Männer, waren sie den Repressalien
der Sicherheitsbehörden ausgesetzt. Jene, die keine
organisierten Unabhängigkeitsaktivitäten unternahmen, (und auch
jene, die nach der Entlassung aus dem Gefängnis zu ihren
Familien zurückkehrten) setzen die Unabhängigkeitstraditionen in
den Zeiten der Volksrepublik Polen (PRL) im eigenen Kreis des
Wohnumfeldes fort und pflegten diese dort. Es blieben ihnen auch
jene Frauen der Teilnehmerinnen des Warschauer Aufstandes