n der
Hauptkommandantur des Bundes des Bewaffneten Kampfes der
Heimatarmee war das Büro für Information und Propaganda (BIP)
die Abteilung VI; anfangs trug sie den Namen:
Politisch-Propagandistische Abteilung oder auch Politische
Abteilung. Dieses Büro hatte keinen Vorgänger in der Polnischen
Armee vor dem Krieg, es spielte aber eine wichtige Rolle, indem
es die Moral beeinflußte und die Haltung der Soldaten des
Untergrundes und der gesamten Bevölkerung prägte. Durch die
Propaganda wurden die Soldaten des ZWZ-AK in eine einheitliche
Untergrundarmee integriert. An seiner Spitze standen: ab Oktober
1939 Major Tadeusz Kruk-Strzelecki, ab Oktober 1940 Dipl.-Oberst
Jan Rzepecki und ab Oktober 1944 bis Januar 1945 Hauptmann
Kazimierz Moczarski. Anfangs waren die Stellvertreter des Chefs
des BIP: Hipolit Niepokulczycki von Oktober 1939 bis Ende 1940
und Tadeusz Kobylanski von April bis zum Spätsommer 1940.
Die Abteilung VI hatte zwei grundlegende
Stoßrichtungen: die Propaganda und die politische Information.
An der Spitze der Gesamtabteilung stand Dipl.-Major Tadeusz
Wardejn-Zagorski, der gleichzeitig ab Oktober 1940 die Funktion
des stellvertretenden Chefs des BIP innehatte; ihm unterstanden
unter anderem die Redaktionen der wichtigsten Zeitschriften des
ZWZ-AK: das „Biuletyn Informacyjny" und die „Wiadomosci Polskie":
Das Wochenblatt „Biuletyn Informacyjny" dessen Redakteur
Aleksander Kaminski war, stellte eine führende
Programmzeitschrift der Hauptkommandantur des ZWZ-AK dar, im
Jahre 1944 erschien sie in einer Auflage von 42.000 bis 43.000
Exemplaren. Sie war an die Soldaten gerichtet, und die darin
enthaltenen Artikel empfahl man in Regionalblättern in ganz
Polen abzudrucken. Das Zweiwochenblatt „Wiadomosci Polskie"
wiederum, das von Witold Gielzynski und Tadeusz Manteuffel
redagiert wurde, enthielt Informationen über die aktuelle
politische Situation und war vor allem für die Befehlshaber und
die Intelligenz bestimmt, die sich um die AK gruppierten, im
Jahre 1944 erreichte das Blatt die höchste Auflage von 10.000
Exemplaren. Beide Zeitschriften gaben der Propaganda des ZWZ-AK
einen einheitlichen Charakter.
Eine ähnliche Funktion erfüllte das Blatt
„Agencja Prasowa", dessen Artikel in den Zeitschriften BIP auf
dem Gebiet des ganzen Landes abgedruckt wurden (zu den
wichtigsten werden das „Malopolski Biuletyn Informacyjny" aus
Krakau, das „Biulietyn Ziemi Czerwienskiej" aus Lwow, das „Biulietyn
Kujawski" aus Lodz, „Niepodleglosc" aus Vilnius, „Na Posterunku"
aus Rzeszow, „Swit Polski" aus dem Nowogroder Land gezählt.
Darüber hinaus erschienen Tausende Flugblätter, Broschüren und
zahlreiche andere Zeitschriften. Im Sommer 1944 zählte diese
Abteilung etwa 40 Personen.
Im Jahre 1941 wurde mit
Diversionspropaganda, die sogenannte Aktion „N" in deutscher
Sprache mit dem Ziel begonnen, die Moral der Deutschen zu
untergraben; sie wurde oftmals so geführt, indem man sich oft
als vermeintliche - in Wirklichkeit jedoch nicht existierende -
deutsche Oppositionsgruppen ausgab. Ihr Vordenker, Initiator und
Leiter war der Oberleutnant Tadeusz Zenczykowski, ein
hervorragender Propagandaspezialist. Zum Jahreswechsel 1941/1942
identifizierten die Spezialisten der Gestapo zwar treffsicher
die Gründer dieser Verlage als Soldaten des ZWZ, aber dieses
wußten weder die deutschen Zivilisten noch die Militärs, die die
Propagandaschriften erhielten. Bis zum Frühjahr 1944 wurden über
eine Million Drucksachen in deutscher Sprache herausgegeben. Sie
wurden nicht nur auf dem Gebiet Polen sondern sogar in ganz
Deutschland vertrieben, im Osten gelangten sie bis zu den Linien
der deutsch-sowjetischen Front. Sie wurden so an den Mann
gebracht, daß für die Empfänger die Spuren ihrer polnischen
Herkunft nicht augenscheinlich werden sollten, um sie auf diese
Art und Weise den Deutschen glaubhafter zu machen. Sie spielten
auch im Untergraben der Moral des deutschen Soldaten, des
Verwaltungsmitarbeiters des Okkupanten als auch der
Zivilbevölkerung des Dritten Reiches eine wesentliche Rolle.
Im Frühjahr 1942 wurde die Abteilung mit dem
Decknamen „Roj" (Schwarm) mit dem Ziel ins Leben gerufen, den
Aufstand durch die Propaganda zu unterstützen; in diesem Rahmen
wurden Filmteams, Fotoreporter, Rundfunkmitarbeiter,
Journalisten, Schriftsteller und Künstler zur Teilnahme am
Aufstand geschult, es wurden Gerätschaften und Material
zusammengetragen (z. B. Megaphone, Rundfunkempfänger), Filmteams
und Fotoberichterstatter fuhren zu Partisanengruppen, um ihre
Tätigkeit zu dokumentieren.
Ende 1943 entstand die Abeilung „Antyk"
(Antike) (ein weiterer Deckname in der Literatur hierzu: „R"),
die eine antikommunistische Propaganda durchführte, zwei
Wochenzeitschriften „Wolnosc Robotnicza" und „Glos Ludu" sowie
auch Flugblätter herausgab. An der Spitze dieser Abteilung stand
der Oberleutnant Tadeusz Zenczykowski, gleichzeitig
repräsentierte er die Heimatarmee im von der „Krajowa
Reprezentacja Polityczna" (Politische Landesrepäsentation) am
26.10.1943 einberufenen Spoleczny Komitet Antikomunistyczny
(SKA) (Gesellschaftliches Antikommunistisches Komitee). An der
Spitze des Letzteren stand der Funktionär der „Polska Partia
Socialistyczna" (Polnische Sozialistische Partei) Franciszek
Bialas; das SKA koordinierte die antikommunistische
Propagandatätigkeit der wichtigsten Institutionen und
politischen Gruppierungen des Untergrundes. Im Laufe des
Dezember 1943 und der ersten fünf Monate des Jahres 1944 gab das
SKA Broschüren, Flugblätter und andere Drucksachen mit einer
Gesamtauflage von über 400.000 Exemplaren heraus. Im Sommer 1944
zählten diese drei von T. Zenczykowski geleiteten Abteilungen
(„N", „Roj", „R") ca. 150 Personen.
Für die Verlagstätigkeit wurde in Warschau,
als eine weitere Abteilung des BIP, bei der Hauptkommandantur
ZWZ-AK die „Tajne Wojskowe Zaklady Wydawnicze" (TWZW) – (Geheime
Militärverlagsbetriebe) eröffnet, deren Gründer und Leiter Jerzy
Rutkowski war. Zu den TWZW gehörten zu Beginn des Jahres 1944
einige Druckereien, eine chemographische Werkstatt und eine
Buchbinderei - die sehr gut konspirativ arbeiteten, ihr Personal
bestand aus 50 festangestellten Mitarbeitern. Zwischen 1943 und
1944 verließen die TWZW monatlich im Durchschnitt 248.500
Zeitschriftenexemplare, 65.500 Broschüren und 120.000
Flugblätter; im Frühjahr 1944 reduzierten sich diese Auflagen
infolge der Liquidation einiger weiterer Druckereien durch die
Deutschen. Insgesamt produzierten die Druckereien des TWZW
während ihres Bestehens mindestens einige Millionen Exemplare
konspirativer Zeitschriften, über 1 Million Broschüren,
Instruktionen und andere gebundene Druckerzeugnisse, ca. 1
Million Flugblätter und ungefähr 1 Million „N"-Drucke; diese
wurden im ganzen Land verteilt (darüber hinaus erschienen
außerhalb Warschaus viele andere Zeitschriften, Broschüren und
Flugblätter, die von der BIP signiert wurden) und erreichten
mehrere Zehntausend Menschen. Die Ermittlung des tatsächlichen
Produktions- und Herausgabeumfanges ist nicht möglich, wir
operieren hier nur mit Schätzwerten.
Das BIP führte auch politische
Informationsarbeit durch; der Organisator (im Herbst 1939) und
Chef der Informationsabteilung war Major-Ingenieur Jerzy
Makowiecki, der gleichzeitig die Funktion des stellvertretenden
Chefs des BIP innehatte; nach seinem tragischen Tod am
13.06.1944 übernahm Aleksander Gieysztor die Leitung der
Abteilung. Diese war ein großes konspiratives Studien-Büro, in
dem Arbeiten zu über 100 Fragestellungen durchgeführt wurden,
die Problemkreise aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen,
kulturellen, nationalen und viele andere Themen umfaßten.
Darüber hinaus bearbeiteten das Büro direkt vom Chef des BIP
oder seinen Vorgesetzten gelegentlich gestellte Aufgaben.
Umfangreiche Berichte informierten die Führung des ZWZ-AK über
die Gesamtsituation im besetzen Land unter allen möglichen
Aspekten, darüber hinaus wurden die Berichte an die polnische
Regierung in London gesandt. Sie umfaßten alle Bereiche des
Lebens, mit Ausnahme von streng militärischen Angelegenheiten;
letztere unterlagen der Zuständigkeit der Aufklärung und
Gegenaufklärung des ZWZ-AK.
Von den anderen Abteilungen des BIP der
Hauptkommandantur des ZWZ-AK umfaßte die „Wydzial Redakcji
Fachowych Pism Wojskowych" (Redaktionsabteilung militärischer
Fachzeitschriften), die Diplom-Oberst Mieczyslaw Biernacki
leitete, die Redaktionskollegien zweier militärischer
Zeitschriften: „Insurekcja" (Erhebung) und „Zolnierz Polski"
(Der Polnische Soldat). Diese waren für jüngere Offiziere der
Untergrundarmee als Schulungsmaterialien bestimmt und
behandelten Fragestellungen aus dem historisch-militärischen
Bereich, darunter die letzten Frontereignisse. Die „Wydzial
Wojskowego Biura Historicznego" (Abteilung
Militärgeschichtliches Büro), an dessen Spitze Dr. Stanislaw
Ploski stand, sammelte alle Materialien für künftige
wissenschaftlich-historische Arbeiten nach dem Kriege. Andere
Abteilungen des BIP der Hauptkommandantur des ZWZ-AK erfüllten
untergeordnete Rolle in bezug zu den früher genannten; erwähnt
werden sollte hier auch das Sekretariat, durch das die
Gesamtheit des BIP sehr effektiv funktionierte, seine
Meldegängerinnen durchquerten nicht nur Warschauer Straßen
sondern auch Hunderte Kilometer des Generalgouvernements und
kamen dabei in viele Ortschaften. Die Vertriebsabteilung zählte
im Juli 1944 18 festangestellte Mitarbeiterinnen und mindestens
genauso viele weitere Kräfte. Sie belieferte regelmäßig alle
Gebiete des ZWZ-AK im Generalgouvernement mit
Presseerzeugnissen, von 1943 an weitere Gebiete und überschritt
die Grenzen des Generalgouvernements; durch die
Vertriebsabteilung wurden die konspirativen Druckerzeugnisse des
ZWZ-AK im gesamten Land verteilt. An ihrer Spitze stand zunächst
Major Adam Jastrzebski, danach Wanda Kraszewska-Ancerewicz. Eine
gewaltige Kraft des Vertriebsapparates war, das jedes
Druckerzeugnis oftmals von Hand zu Hand ging; dadurch von vielen
Personen gelesen wurde und auf diese Weise die Moral der
gesamten Bevölkerung gehoben wurde.
Außer dem BIP existierten auf der Ebene der
Hauptkommandantur des ZWZ-AK seine Zellen auf darunter
befindlichen Organisationsebenen in den einzelnen Gebieten und
Kreisen. Ihre Ziele waren vor allem die Umsetzung der
Anweisungen des BIP der Hauptkommandantur durch die Verbreitung
ihrer Presseerzeugnisse, die Herausgabe und Verbreitung der
eigenen Presseerzeugnisse im Lande, die Initiierung von
Flüsterpropaganda und mit Hilfe von Broschüren und Flugblättern.
Insgesamt erschienen über 250 Titel der regionalen Presse des
BIP. Da die Zellen der unteren Ebenen wiederum über einen
eigenen Vertriebsapparat verfügten, verteilten sie ihre
Schriften so breit wie möglich. Damit waren auf allen Ebenen des
Apparates des BIP einige Zehntausend Menschen beschäftigt.
Hervorgehoben werden sollte auch, daß im BIP in den
verschiedenen Ebenen sehr viele Vertreter der damaligen
Intelligenz arbeiteten: herausragende Wissenschaftler,
Rechtsanwälte, Schriftsteller und andere.
Sowohl durch die Presse, die vom Büro für
Information und Propaganda herausgegeben wurde, als auch durch
die Zusammenlegung der verschiedenen konspirativen Gruppen in
der Untergrundarmee vollzog sich die Integration ihrer Reihen
und der Gesellschaft um das ZWZ-AK, im Ergebnis dessen rückte an
erste Stelle das Ziel, die Unabhängigkeit zu erreichen. Die
Unterschiede in den politischen Ansichten aber wurden
zweitrangig. In den Inhalten und Zielen der von der BIP
durchgeführten Propaganda wurde beständig und dauerhaft betont,
daß der Hauptfeind die Deutschen seien. Der Gesellschaft wurde
auch vermittelt, daß die UdSSR eine Bedrohung für die
Unabhängigkeit und Souveränität Polens und seiner Grenzen im
Osten darstellt, sie wurde als „Bündnispartner unserer
Bündnispartner" bezeichnet. Die Kommunisten Polens (Polska
Partia Robotnicza /Polnische Arbeiterpartei/) wurden trefflich
als eine Avantgarde sowjetischer Formationen dargestellt, deren
Ziel es war, sich Polen unterzuordnen. Gleichzeitig erhielt man
den Glauben an die westlichen Alliierten aufrecht; ein Bündnis,
das die Deutschen besiegen und zum Wiederaufbau Polens führen
sollte. In Bezug auf die Ereignisse der Innenpolitik wurden der
Glaube an die Regierung Polens im Ausland sowie die sich voll
der polnischen Regierung im Exil unterordnende Gesellschaft als
einzig legale Haltung aufrechterhalten. Ein großer Nachdruck
wurde auf die Einheit von Militär und Gesellschaft gelegt, die
sich um die polnische Regierung im Ausland gruppierte. Aus
diesem Grunde wurde auch als Zentrum der Militärpropaganda vom
BIP die Linie vertreten, die von der Regierung und dem
Oberbefehlshaber im Ausland sowie vom Oberkommandierenden der AK
repräsentiert wurde. Die Ergebnisse der durchgeführten
Propagandatätigkeit sind unermeßlich, zumindest jedoch kann man
an diesem Fall feststellen, daß sie in bedeutender Art und Weise
auf die Einstellung der Gesellschaft während des Krieges Einfluß
genommen hat, indem es sein Verhältnis der unbeugsamen
Feindseligkeit gegenüber den Angreifern, insbesondere den
Deutschen prägte, aber auch die Einheit an der Seite der legalen
Regierung der Republik Polen bestärkte.
Grzegorz Mazur, Jagellonen-Universität
Krakau.